
Heike Schubert, Managing Director Europe bei Allison Worldwide, plädiert für einen Imperativ der Unternehmenswerte in kommunikativ herausfordernden Zeiten.
„Das sagt man nicht“ war gestern. In einer Zeit, in der vor allem in der politischen Diskussion alle Grenzen des Gesagten überschritten werden und rote Linien reihenweise der Provokation zum Opfer fallen, sehen sich Unternehmen immer stärker unter Druck, Stellung zu beziehen.
Wie Werte auf das Vertrauen der Kund:innen einzahlen
Was hier auf dem Spiel steht, ist ein sehr kostbares Gut: Vertrauen. Organisationen haben sich dieses Vertrauen von Kund:innen und Mitarbeiter:innen in der Regel mühsam über Jahre hinweg erarbeitet. Nicht nur bieten sie Produkte und Lösungen an, die auf den Vertrauensaufbau einzahlen, sie stehen darüber hinaus für etwas, das auf Ihre Produkte und Services ausstrahlt und was Menschen im besten Falle zu Fans macht.
Dieses „etwas“ basiert dabei auf einem Wertefundament, dem sich Unternehmen verschrieben haben. Die oft in den Tiefen der Websites vergrabene Basis des Unternehmens-Miteinanders, die Unternehmenswerte, sollte aktuell schnellstens ausgegraben werden. Sind diese Werte-Formulierungen doch genau in Zeiten wie diesen der klare Wegweiser, wie sich Unternehmen einzuordnen haben. Würden sie ignoriert, wären sie in der Tat das Papier nicht wert, auf dem sie vermutlich ursprünglich einmal geschrieben wurden.
Wegweiser in turbulenten Zeiten
Der Online-Händler Otto ist nur ein Beispiel, wie klar die Richtung ist, die Unternehmenswerte vorgeben. Dazu gehören sowohl Mut und Rückgrat als auch das Bewusstsein, dass dem einen oder der anderen das Gesagte nicht gefallen wird. Hier hilft die Abwägung weiter: Riskiert man eher den Vertrauensverlust, der beim Bruch bestehender Werte zu befürchten ist, oder nimmt man die Abkehr von spezifischen Kundengruppen in Kauf? Das ist mit Sicherheit keine leichte Entscheidung.
Und Vertrauen ist in Zeiten von Social Media schneller weg als man bis drei zu zählen in der Lage ist. In Windeseile hinterlässt ein digitaler Shitstorm einen tiefen Kratzer an der Marke.
Der Einfluss des Führungs-Teams
Wir können aktuell quasi am lebenden Objekt den Vertrauensverfall samt damit verbundenen Umsatzeinbußen einer einstmals dank ihrer innovativen Produkte beliebten Marke erleben: Tesla. Der US-amerikanische Autobauer verliert in nahezu atemberaubendem Tempo in europäischen Märkten das über Jahre gewonnene Vertrauen. Die Verkaufszahlen sind im Februar 2025 allein in Deutschland um über 70 Prozent in den Keller gerauscht. Der einstmalige Vorreiter der E-Mobilität erfährt damit wie schnell sich die Konsument:innen abwenden – nicht, weil das Produkt ein anderes ist, sondern weil die Unternehmensführung in einer Art und Weise kommuniziert und agiert, die Vertrauen zerstört.
Natürlich kann ein charismatischer Unternehmensvertreter oder ein gesamtes Führungs-Team auch positiv auf eine Marke einwirken. In der Unternehmenskommunikation wird daher auch eng mit Führungspersönlichkeiten zusammengearbeitet, um diese rund um zentrale gesellschaftlich relevante Themen zu positionieren. Diese Thoughtleader-Strategien basieren auf drei zentralen Elementen: den Unternehmenswerten, der Expertise und dem Mut, sich zu positionieren.
Unternehmenswerte sind Chefsache
In a Nutshell: Unternehmenskommunikation ist genau wie die Verteidigung und die Umsetzung von Unternehmenswerten im Alltag immer Chefsache und sollte bei allen Entscheidungen automatisch mitgedacht werden. Wie kommuniziert wird, ist dabei ebenso entscheidend wie die Inhalte, die vermittelt werden.
Leider sehen wir nicht viele CEOs in diesem Land wie den Otto-Chef Alexander Birken, die ihre Position für Kommunikation nutzen, die wertebasiert Stellung bezieht und im Gedächtnis bleibt. Mein Appell an Kolleginnen und Kollegen: Machen Sie Ihren Chef:innen Mut, die Unternehmenswerte als Leitplanken für klare Stellungnahmen zu begreifen.
Sie möchten Ihre Meinung zu diesem Thema mit uns teilen oder diskutieren? Schreiben Sie uns und kommen Sie mit uns ins Gespräch! [[email protected]]